„Sole d´autunno“, Grande Ala, Valle dell` Orco, 10 SL, 6b+

 

Juli 2021

 

Nachdem in Bergell wieder mal kein Kletterwetter herrscht zockeln wir mit dem WoMo gefühlt durch halb Italien gen „Valle dell´ Orco“. Ein Ziel, das Sprinter in den endlosen Pandemie – Wintermonaten entdeckt hat und es klingt ja auch wirklich toll: kurze Zustiege, toller Fels, super Umgebung.

 

 

 

Wie es dann wirklich war – beinharte Fakten:

  •  Das Orcotal (das ich bis zum Schluss „Orcatal“ nenne [und nein, es gibt dort keine Wale, nur den Fluss der Orco heisst]) ist ein langer Schluf (für Nicht – Tiroler: eng!) der für WoMos nur so mittelmäßig geeignet ist. Viele Kilometer lang gibt es weder Park – noch Ausweichmöglichkeiten für Gefährte dieser Größenordnung, entgegenkommende Radler und Kehren machen es nicht viel besser
  •  Gegen Ende wird es mit dem Stehenbleiben besser. Theoretisch, weil praktisch ist einem ständig die Polizei auf den Fersen die penibel drauf schaut, dass man nur auf den ausgewiesenen Parkflächen parkt
  • Das Orcotal ist ein Naturschutzgebiet und wirklich sehr schön, und weil es so schön ist hat man vorsorglich mal so ungefähr alles verboten. Zahlreiche Verbotsschilder erklären einem, dass man nicht parken, campen, fischen oder sich die Nase putzen darf.
  • Ganz hinten gibt es einige Campingplätze und mindestens zwei Stellplätze: einmal am See (schön aber windig) für 10 Euro die Nacht und noch weiter hinten, praktischerweise direkt unter unseren geplanten Touren, um 8 Euro
  • Klar dass man in einem Naturschutzgebiet nicht wild campen darf und seinen Müll auch wieder mitnimmt (sollte man sowieso immer!). Nicht so klar ist mir, warum man dann fürs Klogehen Geld verlangt. Bei den Stellplätzen gibt es topmoderne Klo- / Duschkabinen, dafür zahlt man einen Euro. Hat man allerdings nur 2 Euro – Münzen zahlt man eben 2 Euro (die Kabinen geben nix zurück). Bei korrekter Verwendung kostet so die Verrichtung unaufschiebbarer Bedürfnisse für 2 Personen schnell mal mehr als der Stellplatz selbst.
  • Sonst ist das Orcotal aber sehr nett.

 

Die Tour haben wir aus einem Führer den wir – oh Glück! – günstig auf willhaben entdeckt haben. Wir sind vernünftig und wählen für Tag 1 die leichteste Tour (man weiß ja nie).

Zustieg ab Parkplatz 10 Minuten. Schön! Geworden sind es dann 30 Minuten, das ist weniger schön, und zwar nicht wegen der 20 Minuten mehr sondern weil hier erstmals Zweifel aufkommen ob der Herr Kletterführerschreiber eigentlich schon mal selber hier war (die Zweifel verdichten sich übrigens im Laufe der Tour).

 

Die „Herbstsonne“ startet mit einer 5er Länge. Nur kurz und sehr hypothetisch überlege ich vorzusteigen und lasse es dann bleiben (Spoiler: es wird im Orcotal überhaupt keinen Vorstieg von mir geben).

Wir klettern hier auf Granit und das kann, wie ich mittlerweile weiß, ziemlich cool aber auch ziemlich unsympathisch sein. Hier ist es eher zweiteres. Glattpolierter Granit wechselt mit erstaunlich brüchigen Passagen, teilweise liegt eine hauchdünne Bröselschicht auf dem Granit (extrem viel dürfte hier dann doch wieder nicht geklettert werde), unterbrochen von einigen Grasbändern.

Die Absicherung ist zwar ziemlich gut, trotzdem ist die Kletterei eher eine Würgerei. Das Topo ist eine Märchengeschichte – Stände sind nicht dort wo sie sein sollen (ärgerlich vor allem in der Schlüsselseillänge; hier wurde der alte Stand entfernt sodass man nun wegen der Zickzacklinie ziemlichen Seilzug produziert), dementsprechend passen die Schwierigkeiten dann auch nur mehr so halb und natürlich auch die Seillängen.

Schön zu klettern ist die Kaminlänge, der Rest ist meist eher „passt schon“. Nach der Hauptwand kommt ein großes Grasband, dahinter kann man dann noch mal zwei Längen rauf. Wer noch weiter nach oben will muss die Tour wechseln, das tun wir nicht, und glücklicherweise kann man zu Fuß über eine grasige Rampe retour zum Grasband und zur Abseilstelle.

 

Abstieg: Abseilen NICHT über die Tour sondern gerade hinunter (vom letzten Stand in der Hauptwand) mit 60m Doppelseil. Das wiederum funktioniert sehr gut.

 

Fazit: Hier ist der Funke nicht übergesprungen. Super Ambiente, gute Absicherung, aber irgendwie eine Form von Kletterei die nicht so wirklich Spaß macht. Außer uns war nur noch eine Seilschaft in der Wand. Auch in der “Herbstsonne“, die sie nach der dritten Länge abgebrochen haben.

Weil dies die leichteste Tour hier hinten ist sagen wir dem Orcotal „Adieu“ und tuckern Richtung Frankreich.

 

Fazit Sprinter: Endlich mal im "Yosemite-Europas" dem Orcotal. Von den Parkmöglichkeiten dürfte der Vergleich nicht herkommen - die sind echt extrem wenig. Die Klassiker scheiden für uns alle aus - mit unserem WoMo ist erst am Ende des Tales überhaupt an Parken zu denken. Das passt von daher gut, dass wir sowieso erst mal an einer Plaisir-Tour den Fels kennenlernen wollen. 

Die Herbstsonne soll es werden. Gut gesichert und auch meist guter Fels - verspricht der Führer. Was nicht erwähnt wird ist, dass man sich wahrscheinlich gelegentlich am Bolt hochzieht um die Schwierigkeitsangabe zu erzielen. Der Anfang nach der Kaminlänge hat mit 6b ganz sicher nicht mehr viel am Hut. Durch das Entfernen des Standes vor der Schlüssellänge hat man schon von Beginn an gehörigen Seilzug - dem Quergang darunter sei Dank. Wieso man so etwas macht? ... 

Der Fels ist recht "reibungsarm" und nicht immer fest. Die 2 Längen nach dem Abseilstand aber recht unterhaltsam. Das Ende recht lustig - die Wand geht von "fast senkrecht" nahtlos in "brettebene Wiese" über. Der Stand befindet sich dann gute 10 Meter dahinter im nächsten Aufschwung.

 

Empfehlenswert ist die Tour wegen dem traumhaften Ambiente. Wegen der Kletterei würde ich diese nicht empfehlen. 

 

Topo: im Kletterführer „Valle dell´orco“ von Maurizio Oviglia oder hier