„Jakobsweg“, Vordere Karlspitze, Kaisergebirge, 8 SL, 4+

Juli 2021

 

Manchmal muss man den Tatsachen ins Auge schauen. Zum Beispiel, dass Kondition ein zartes Pflänzchen ist das regelmäßig gegossen werden muss. Offensichtlich habe ich das Gießen im letzten Jahr ein paar Mal vergessen oder wie sonst ist es erklärbar dass wir für den Zustieg nicht 1:15 brauchen sondern fast zwei Stunden?

 

Eine Tour mit Peter im Kaiser – ich freue mich! Der „Jakobsweg“ scheint für uns machbar zu sein, ich kenne die Tour noch nicht aber Topo und Beschreibung klingen sehr ansprechend.

 

Dass wir eher spät starten ist meine Schuld; die Tour ist so kurz,  übermäßig frühes Aufstehen halte ich für überflüssig. Mit der Konsequenz, dass wir beim Zustieg ab Höhe Gaudeamushütte in der prallen Sonne gehen. Wir schwitzen und keuchen uns nach oben, in einem Tempo das meinem Namen alle Ehre macht.

 

Nach knapp zwei Stunden haben wir es aber doch geschafft – der Einstieg ist ziemlich einfach zu finden weil tatsächlich ein Steig durch den Schotter führt und am Einstieg eine große Muschel leuchtet. Für Kaiserverhältnisse echt nobel!

 

Wir gehen in Wechselführung und ich soll starten. Mach ich gern, die erste Länge ist (so wie fast alle) kurz und leicht. Dann ist Peter an der Reihe. Die Tour ist wirklich gut abgesichert, aber Peter beschließt erst mal alle Sicherungen außer den Bolts zu ignorieren was etwas abenteuerlich ist. Erst als  auch die Normalhaken und Sanduhren in sein Blickfeld rutschen kann er seine erste Kaiserlänge genießen (hoffe ich mal).

Unser Wechselführungsschema passt gut, und dass Peter damit die Schlüsselseillänge ausfasst nenne ich jetzt einfach mal „Schicksal“. Die ist steil (was ihm als Sportkletterer entgegenkommt), aber leider ziemlich splittrig.

Die Schlusslänge, ein putzileichter Grat, ist dann meine und dann ist die Kletterei eigentlich vorbei.

 

Abstieg: Die letzte Länge ist eine Gehlänge Richtung Abseilstand. Ich interpretiere das Topo falsch und lande, nach viel hin und her und nachdem mich Peter auf den roten Punkt aufmerksam gemacht hat beim zweiten Abseilstand. Im Nachhinein gesehen nicht das schlechteste; so spart man sich einen Schrofenabseiler und die paar Meter zum zweiten Abseilstand sind sogar abgesichert.

So haben wir nur mehr drei Abseiler, darüber ist vor allem Peter froh den ich offensichtlich durch mein Abseilmanöver in der Geierwand traumatisiert habe.

3x abseilen und schon sind wir wieder auf sicherem Boden (60m Seil reicht übrigens locker).

 

Fazit: tatsächlich ist der Jakobsweg eine super Einstiegstour für Kaiserneulinge unseres Niveaus. Gut abgesichert mit Bolts, Normalhaken und Sanduhren, kurze Längen, die Bewertung sehr human. Die Felsqualität ist sehr unterschiedlich und nicht immer bombig. Vielleicht insgesamt gar wenig Kletterei für gar viel Aufwand, zum Herantasten ans Alpinklettern aber eine super Gelegenheit.

 

Fazit Peter: Der Jakobsweg steht für Selbstfindung, persönliche Entwicklung….Auszeit. Der Name ist bei dieser Kletterroute Programm, zumindest für mich.

Die vorhandenen Normalhaken gekonnt ignorierend, suchte ich die spärlichen Bolts als Lebensversicherung und Gegenmittel für Unwohlsein und flauem Gefühl in der Magengegend. Erst ein dezenter Hinweis der Alpinschnecke brachte mich hier auf den „sicheren“ Weg.

Die brüchigen Passagen waren nicht unbedingt mein Fall, und man tut gut daran, Griffe und Tritte doppelt zu prüfen.

Über mein Abseil-Trauma möchte ich hier nicht reden. Der Abstieg zum „roten Punkt“ war etwas abenteuerlich, aber letztlich hat mich die Alpinschnecke wieder auf den Boden gebracht.

Selbstfindung: Check

Persönliche Entwicklung: Check

Toller Tag: Check

Jederzeit wieder.

 

Topo: bergsteigen.com