„Alhambra“, Geierwand, Wetterstein-Gebirge, 12 SL, 6+

Oktober 2019

Mein Vorsatz für die Wintersaison: regional klettern, selber klettern und viel lernen.

Regional heißt in meinem Fall: Martinswand, Geierwand, vielleicht noch die Burschlwand. Destinationen die Sprinters Herz nicht unbedingt höher schlagen lassen, weswegen ich meine Partner für die „Solopfade“ mobilisiere.

 

Während er also zwei auf Hochglanz polierte Glibschtouren dann schließlich doch nicht geht (die „Micheluzzi“ in den Dolomiten und „Katia Monte“ in Arco) mache ich mich auf nach Haiming um mit Peter Klettern mit Doppelseil zu üben.

Die Alhambra ist die längste und leichteste Tour in der Geierwand, wobei die 6+ erst ziemlich am Ende kommt. Unser Ziel ist auch nicht der Ausstieg sondern Klettern solange es Spaß macht und dann Abseilen.

Peter hat mit Abseilen nur wenig Erfahrung (tut es aber gerne [bis jetzt zumindest]) und mit Doppelseil gar keine. Ich hasse Abseilen, sehe aber die Notwendigkeit es auch ohne Sprinters Rundumservice zu beherrschen.

 

Vorweg: wir haben viel gelernt an diesem Tag!

 

Der Zustieg zur Alhambra ist kurz was mir sehr recht ist, schließlich habe ich heute zwei Seile zu tragen. Die ganze Wand ist voller Menschen, zum Glück hauptsächlich im Klettersteig (den ich übrigens nicht sonderlich schön finde), aber auch die Klettertouren sind gut besetzt.

Die erste Länge startet mit einer gemütlichen 5-. Ich steige vor, damit Peter sich erst mal im Nachstieg ans Doppelseil gewöhnen kann. Nach ein paar Metern kommt eine Stelle die mich arg ins Grübeln bringt – ein Zug ohne wirkliche Griffe. Irgendwie bin ich noch kopffaul, ich mag mich noch nicht überwinden und lasse doch Peter den Vortritt.

Für ihn kein Problem, und schnell kristallisiert sich heraus wer welche Stärken hat: Peter als Hallenfuchs übernimmt die steilen Längen (verdammt, ich sollte einfach auch mal ein paar Sportklettereinheiten einlegen....), ich als Alpinschnecke die Querungen und Verschneidungen.

 

Wir kommen gemütlich und souverän bis zum großen Band, bis hierhin gibt es kaum schwere Stellen, bis auf die besagte 5- Stelle in der ersten Länge (peinlich!) und den für mich toll zu kletternden Pfeiler in Länge 2 (den Peter wiederum schwer findet) sind die größten Schwierigkeiten brüchiger Fels und: Sonne.

Für Peter, der Felsklettern bisher betrieben hat wie Barfußgehen (nur in Monaten ohne „r“) ist es eine erstaunliche Erkenntnis wie warm so ein Oktobertag in der Wand sein kann.

 

Am großen Band gibt’s eine Pause und wir schauen uns die nächsten Längen von unten an. Was für ein schönes Gefühl jederzeit aufhören zu können! Wollen wir aber noch gar nicht, und ich steige in die nächste Länge ein. Erst ein Rampe, dann steil nach oben. Blöd, der erste Teil ist wie für mich gemacht, dann stehe ich wieder an. Peter lässt mich nach unten und wieder zeigt sich: Hallenklettern bringt auch für Alpintouren was, zumindest tut er sich in dem sanften Überhang deutlich leichter als ich.

Dafür punkte ich in der nächsten Länge: leicht nach oben und dann queren.

Peter steigt nach und kommt ziemlich blass am Stand an. An´s Queren muss er sich erst herantasten, das lernt man in der Halle nicht.

 

Uns ist heiß und wir freuen uns auf ein Bier, beschließen, dass es genug für heute ist.

8 Längen haben wir geschafft, wir sind am Stand an dem die „Sunset Boulevard“ in die Alhambra mündet. Keine Abseilpiste, trotzdem aber gut zum Abseilen geeignet sofern keine Kletterer in der „Sunset“ sind.

 

Wir seilen unter 2x ab, eventuell hätte einmal gereicht (mit 60m Doppelseil), sicher bin ich mir nicht und vorsichtshalber mache ich einmal Stand.

Es funktioniert gut, dieser Wandabschnitt ist relativ abseilfreundlich, nicht zu flach, nicht zu steil und nicht zu viel Vegetation. Peter ist weniger begeistert, so weit hat er noch nie abgeseilt, er ist noch ein bisschen blasser als nach der Querung, hält sich aber tapfer.

Wir sind wieder am großen Band, es geht jetzt ein paar Minuten einen Steig entlang bis zur „allgemeinen“ Abseilpiste.

 

Der erste Abseiler funktioniert gut, langsam kommt ein bisschen Routine in meinen Abseilablauf, auch Peter entspannt sich ein bisschen.

Ich hoffe dass wir nach dem zweiten Abseiler am Boden sind, es geht sich aber nicht aus (man müsste sich – Gesicht zur Wand – ganz links halten, dann landet man zwei Meter über dem Boden, den Rest kann man abklettern). Also noch mal Stand. Ich will das Seil abziehen – geht nicht, bewegt sich keinen Zentimeter. Erst können wir es gar nicht glauben, ziehen und schwenken, probieren es am anderen Seilende – nichts! Supergau! Den ganzen Tag waren wir umgeben von Menschen, aber jetzt ist niemand hinter uns der das Seil entwirren könnte.

Ich steige, gesichert mit dem verbleibenden Restseil, ein paar Meter nach oben, schwenke nochmal, das Seil bewegt sich, ein paar Meter kann ich ziehen dann wieder Stillstand.

Es nützt nichts, ich muss wieder hinauf. Dummerweise habe ich mir von Sprinter keine Instruktionen für solche Fälle geben lassen, somit muss mein Hausverstand helfen. Ich sichere mich am Seil (wie zum Abseilen) und klettere langsam nach oben. Zum Glück ist es leichtes Gelände, da hier eine Tour entlang geht kann ich mich immer wieder mit Expressen sichern. Ich klettere bis zum Abseilstand, wo sich das Seil verfangen hat lässt sich nicht eruieren, es liegt ganz friedlich und frei vor mir.

Ich seile wieder ab und passe ganz besonders gut auf dass es sich nirgendwo verfängt. Als ich bei Peter vorbeiseile gibt es standing ovations, aber ich bin selber auch sehr froh dass wir bei unserem ersten gemeinsamen Abseilen nicht auf die Hilfe der Bergwacht angewiesen sind!

 

Fazit: wir sind nicht bis ganz nach oben und hatten ein Abseildilemma – trotzdem war es ein cooles Unternehmen und wir haben beide unsere „alpine skills“ weiterentwickeln können – Mission erfüllt! Die Geierwand ist kein Hot Spot für Alpinkletterer, wer aber „üben“ will ist hier richtig! Mit Doppelseil kann man quasi von jedem Punkt der Wand abseilen, auch Dank der vielen Touren die durch die Wand gehen. Somit ist es auch möglich Touren zu probieren, die vielleicht eine Spur über dem eigenen Kletterniveau liegen. Der Fels ist nicht berauschend, oft brüchig, dafür ist die Absicherung durchwegs gut. Man kann mit mobilen Sicherungen üben, müssen tut man nicht. Kurzer Zustieg und den ganzen Tag Sonne, perfekt also für die kalten Monate.

Die Alhambra selber ist sicher die leichteste Tour (zumindest unten), wer ganz nach oben will und den Fußabstieg nimmt muss eine 6+ Stelle knacken. Der Fußabstieg ist übrigens nur bedingt empfehlenswert, erst durch eine schottrige Rinne (nicht so toll wenn viele Kletterer unter einem sind), dann noch mühselig weiter nach oben und schließlich den Klettersteigabstieg (der sehr unangenehm ist) nach unten.

Ein gutes Gebiet zum Üben:

  • Klettern mit Doppelseil

  • abseilen

  • Kletterniveau steigern

  • nonverbal mit Seilpartner kommunizieren (die Autobahn ist nervig nah)

  • mit brüchigem Fels umgehen

 

Topo: bergsteigen.com